Geschichte

neu verfasste Vereinschronik zum 100 jährigen Jubiläum

100 Jahre OGV- Neckarhausen

Der Obstbau in Neckarhausen hatte seinen Anfang bei den Römern vor ca. 2000 Jahren. Diese hatten in Neckarhausen bei den Bahnhäuschen zwischen der Straße nach Raidwangen und dem Schlierbach eine Hofstelle und brachten uns Obst und vor allem ihren geliebten Wein. Im Jahre 1503 wurde dann in Neckarhausen eine Kelter gebaut, die allerdings 1850 abgebrannt ist. Wegen diesem Brand und dem Aufkommen der Reblaus wurde der Weinbau in Neckarhausen aufgegeben. 106 Jahre vorher, im Jahr 1744, wurde auch das Mosten der Äpfel offiziell erlaubt.

1922 wurde dann im Jägerhaus der Obstbauverein gegründet. Neckarhausen hatte damals 1400 Einwohner und es war eine Zeit der politischen Verunsicherung verbunden mit einer hohen Inflationsrate. Die Ziele dieses Vereins waren ertragreiches Mostobst zu erzeugen und der Versuch gutes Tafelobst anzubauen. Der 1. Vorsitzende war der Baumschulbesitzer Gottlob Bauknecht und auch die anderen Mitbegründer waren allesamt Baumwarte.

Leider wurden sämtliche Vereinsunterlagen am Ende des 2. Weltkriegs wegen eventueller Verstrickungen mit dem NS- Regime vernichtet.

Am 20.01.1948 wurde dann in unserem inzwischen 2000 Einwohner zählenden Dorf der Obst- und Gartenbauverein gegründet. Auch damals herrschte, 5 Monate vor der Währungsreform, eine hohe Inflationsrate. Trotzdem hatte der wiedergegründete Verein am Ende dieses Abends bereits 63 Mitglieder. Der 1. Vorstand war Gottlob Bauknecht der dieses Amt 20 Jahre innehatte. Der Mann der 1. Stunde war Ortsbaumwart Albert Bauknecht, der die Vereinsziele Erziehungs- und Erhaltungsschnitt der Obstbäume, Schädlingsbekämpfung und Weinrebenschnitt vermittelte. Auch Fachreferate mit Diavortrag wurden bereits angeboten. Der 1. Vereinsausflug , damals noch zusammen mit dem Altdörfer OGV, wurde bereits durchgeführt. Die Vereinsausflüge waren auch später sehr beliebt. So fuhr unser Verein im Jahre 1975 mit 2 Bussen zur Insel Reichenau und zur Landesgartenschau nach Ulm brauchte man im Jahr 1980 für 70 Teilnehmer einen Gelenkbus.

Im Jahr 1954 pflanzte der Verein eine Linde und führte die 1. Nistkastenaktion durch.

4 Jahre später wurde von 7 OGV- Mitgliedern die 1 ha große Halbstammanlage am Hirschbrunnen angelegt. 1958 wurde auch der Apfelsafttausch mit der Fa. Häußermann gestartet.

1959 und 1960 war der Schwerpunkt dann beim Gartenbau. Es gab einen Vortrag zum Blumenschmuck und zur Gartengestaltung sowie einen Beerenschnittlehrgang.

Im Jahr 1963 wurde dann von OGV- Mitgliedern die Niederstammanlage im Quätler angelegt. Dort wurden später auch die heute aktuellen schlanken Spindeln gepflanzt.

1965 wurden dann Ausspracheabende durchgeführt, die sich anfangs auch großer Beliebtheit erfreuten.

Im Jahr 1970 hatte unser Verein nun 90 Mitglieder bekam mit Gerhard Jetter seinen 2. Vorsitzenden.

1978 wurden zum 1. Mal mit dem Sängerbund eine Blütenwanderung und ein Ostermontagspaziergang durchgeführt. Mit Walter Bauknecht bekam der Verein damals einen Vereinsfotografen der über das Vereinsgeschehen eine jährliche Diashow präsentierte und nach seinem Ausscheiden dem Verein alle Dias übergab.

1979 hatte unser Verein dann den Kreisverband zu Gast der bis heute einen Sommertreff zu einem Fachthema mit anschließendem gemütlichen Teil veranstaltet.

Im Jahr 1982 stiftete der Obst- und Gartenbauverein der Allgemeinheit eine Ruhebank, die sich bis heute großer Beliebtheit erfreut und von uns auch regelmäßig gepflegt wird.

1 Jahr danach wurden neben dem Obstbaumschnitt auch der Schnitt der Ziergehölze und die Pflege der Zimmerpflanzen thematisiert.

1984 feierte Neckarhausen seine 1. urkundliche Erwähnung vor 700 Jahren. Der OGV war auch beim Festzug mit 2 Festwägen vertreten. Ebenso war der Verein bei der Leistungsschau des Handwerks mit einer Obstausstellung vertreten. Er war in diesem Jahr, wie auch 1998, außerdem Gastgeber bei Hauptversammlung des KOV.

Wir schrieben das Jahr 1985 als wir erstmals, gemeinsam mit dem Albverein, einen vorweihnachtlichen Bastelkurs durchführten.

Im Jahr 1988 nahm der Verein am Ortspokalschießen der Vereine teil und später auch beim Seilzugwettbewerb des Tunerbundes. In diesem Jahr startete auch die Diskussion um den Erwerb eines Vereinsgrundstücks. 1993 bot uns sogar die Stadt ein Grundstück zum Kauf an, welcher aber vom Landratsamt aus Naturschutzgründen nicht genehmigt wurde. 1994 beschloss der Verein offiziell ein Grundstück zu erwerben. Im Jahr 1999 wurden mit der Stadt die Rahmenbedingen hierfür ausgehandelt und ein Jahr später plante man den Bau eines Vereinsheimes im Millot. Aus Gründen der Finanzierbarkeit kam aber dieses Projekt nicht zustande. Im Jahr 2003 erwarben wir dann hinter der damaligen Gärtnerei Bäuerle unser 1. Vereinsgrundstück. Um dieses auch zu bewirtschaften können beschafften wir uns einen Rasentraktor und 2017 als Ersatz einen Hochgrasmäher. Man schrieb das Jahr 2009 als wir dann in der Nachbarschaft unserer Vereinswiese einen Bienenstand mit eingezäuntem Garten erwerben konnten und diesen in den Folgejahre grundlegend sanierten und zu unserer jetzigen Vereinshütte samt Lehrgarten umbauten.

1989 veranstalteten wir eine Hocketste an der Beutwanghalle und im Jahr 1992 feierten wir in der Beutwanghalle unser 70 jähriges Jubiläum mit einer Obstausstellung.

1995 gab dann Gerhard Jetter nach 25 Jahren das Amt des 1. Vorsitzenden an Adolf Kern ab. Wegen seiner Verdienste um den Verein wurde Gerhard Jette zum bisher einzigen Ehrenvorsitzenden ernannt.

Ein Jahr später beteiligten wir uns auch am 1. Neckarhäuser Dorffest und im Jahr 2010 auch am von privater Seite veranstalteten Viehabtrieb.

In den Jahren 2000 und 2002 waren dann wieder Gartenthemen aktuell. Zuerst fuhren wir nach Hohenheim um uns über neue Blumen und Gemüsesorten zu informieren und 2 Jahre später ging es zur Orchideenschau nach Esslingen- Berkheim.

Im Jahr 2003 hieß dann der neue 1. Vorsitzende Jürgen Kral und im gleichen Jahr kürzte die Stadt den Zuschuss zum Blumenschmuckwettbewerb um 50%. Da sich an diesen Zuschusszahlen bis heute nichts geändert hat und die Blumen immer teurer werden, ist die Zukunft des Blumenschmuckwettbewerbes ungewiss.

2012 wurde dann auch der OGV fortschrittlich und hat seither eine eigene Internetseite, die auch regelmäßig gepflegt wird.

In den Jahren 2017 und 2018 wurde dann die Zusammenarbeit mit dem Albverein intensiviert. Wir  pflegen gemeinsam die Bäume bei der der Wildrosenhecke am Heerweg und haben ein gemeinsames Kindergartenprogramm. Bei der Bevölkerung besonders gut angekommen sind die Osterbögen am Rathaus.

Für das Jahr 2019 ist zu vermerken, dass leider die Zusammenarbeit aller Obst- und Gartenbauvereine der Stadt nur von unserem Verein und dem Nürtinger OGV  für notwendig erachtet wird.

In den Jahren 2020 und 2021 kam dann wegen verschiedener Corona- Lockdowns das Vereinsleben weitgehend zum Erliegen.

Letztes Jahr veranstalteten wir, dann nach mehrfachem Aufschub, unseren 1. Pflanzentauschtag am Rathaus, der in unserem Dorf ein gutes Echo fand.

Bei der Durchsicht der Protokolle der letzten 20 Jahre fiel mir auf, dass immer mehr von überdurchschnittlich warmen Jahren berichtet wird und dass sich die Berichte über größere Hagelgebiete und Überschwemmungen häufen. Dieser sich abzeichnende Klimawandel wird nicht nur für die Obst- und Gartenbauvereine sondern auch für die gesamte Bevölkerung auf diesem Planeten eine Herausforderung werden.

 

 

Obstbaugeschichtliches

 

Das Landschaftsbild unseres Dorfes ist von dem mit Obstbäumen bestandenen Südhang geprägt (s. Titelbild und Bild1 unten). Durch diese günstige Lage bedingt, hat der Obst- und Weinbau in Neckarhausen eine lange geschichtliche Entwicklung aufzuweisen, waren es doch die Römer, die in unserer Gegend die vorhandenen Obstwildlinge veredelten. Warum die Römer ihren hiesigen Gutshof aber über dem Neckar drüben an dem kalten Nordhang erstellten, ist uns nur schwer verständlich.

 

Neckarhausen mit seinen "Südsteilhängen"

 

Die große Rolle des Weinbaus in unserer Gemeinde läßt sich noch an den alten Flurnamen feststellen und an der Tatsache, dass bereits im Jahr 1503 eine Kelter erbaut wurde. Das Ende des rund 400 jährigen Weinbaus lag bestimmt nicht an der schlechten Qualität des Weines oder an dem zu kleinen Durst der Neckarhäuser, denn an unseren Südsteilhängen wäre auch heute noch ein guter Tropfen zu erzeugen. Grund wird wohl der mit weniger Risiko verbundene Ackerbau auf den gut bearbeitbaren Böden unseres Feldes gewesen sein. Das endgültige Aus für den Weinbau brachte die um 1850 abgebrannte Kelter.

Zwischenzeitlich hatte der Obstbau an Bedeutung gewonnen, zudem 1744 das bis dahin verbotene Mosten erlaubt wurde. Selbst der Polarwinter von 1879-1880 in dem 13 % aller Äpfelbäume erfroren, konnte die Ausdehnung des Obstbaus nicht aufhalten.

Gründung

"Und wenn ich wüßte, dass morgen die Welt unterginge, so pflanzte ich heute noch ein Apfelbäumchen."

An diese Worte Martin Luthers könnten wohl einige Bürger von Neckarhausen gedacht haben, als sie in der trostlosen Zeit nach dem 1. Weltkrieg, trotz Inflation und der politischen Unsicherheit Deutschlands, im Jahre 1922 beschlossen einen Obstbauverein zu gründen.

Die Gründungsversammlung fand Anfang des Jahres 1922 im "Jägerhaus" bei K. Kofler statt, Gottlieb Bauknecht wurde als Vorstand gewählt. Bereits im Herbst des gleichen Jahres fand, in dem inzwischen zum Vereinslokal gewordenen "Jägerhaus" bei Mitglied K.Kofler eine gut besuchte Obstausstellung statt. Die Anpflanzung ertragreicher Mostobstsorten, sowie der Versuch ein gutes Tafelobst zu erzeugen waren Hauptziele des jungen Vereins, so dass er bald 40 Mitglieder zählte.

1945 beim Umsturz wußte niemand genau wie die Vereinsmitgliedschaft von den Besatzungsmächten beurteilt würde. Es wurden deshalb leider sämtliche Vereinsakten einschließlich der Mitgliederlisten vernichtet.

Neugründung

Nach den überstandenen Nachkriegswirren, stand einer Neugründung unter dem Namen "Obst-und Gartenbauverein Neckarhausen" nichts mehr im Wege. Diese fand am 20.4.1948 statt. der Vorstand des damaligen Bauernvereins Gottlob Ebinger sprach über Aufgaben und Ziele des zu gründenden Vereines. Als Vorstand wurde von ihm vorgeschlagen: Gottlob Bauknecht, Hofwiesenstraße und von den 60 bis 70 Anwesenden mit großer Mehrheit gewählt. Am selben Abend traten 63 Personen dem Verein bei.

Die folgenden Jahre waren ganz der Pflege des Streuobstbaues gewidmet, bis sich 1958 7 Grundstücksbesitzer entschlossen, im "Hirschbrunnen" eine 1 Hektar große Neuanlage zu errichten. 1963 wurde im "Quätler" eine Niederstamm Obstanlage mit Längskronenerziehung erstellt und in den Jahren darauf als Engpflanzung, schlanke Spindel, erweitert.

1970 trat Gottlob Bauknecht nach 22 jähriger Tätigkeit als Vorstand zurück. Sein Nachfolger wurde Landschaftsgärtner Gerhard Jetter. Seit 1977 ist neben dem Obstbau auch die Durchführung des Blumenschmuckwettbewerbes in Neckarhausen eine Hauptaufgabe des damals 90 Mitglieder zählenden Vereins geworden.

(Dieses Geschichtsdarstellung wurde als Vorwort zur Vereinschronik, anlässlich der 700 Jahrfeier von Neckarhausen im Jahre 1984 von Walter Bauknecht niedergeschrieben)

Neuere Geschichte

Gerhard Jetter gab sein Amt als Vereinsvorstand nach 30 Jahren im Jahre 2000 an Adolf Kern ab. Im Jahre 2003 wiederum übernahm Jürgen Kral das Amt des Vereinsvorstandes.

Der Rückgang der Streuobstwiesen in unserem Landschaftsraum und die geringer werdende Bedeutung des Obstbaus als Erwerbsquelle für die ländliche Bevölkerung, stellen den Verein heute vor große Herausforderungen. Diesen Herausforderungen will sich der Verein, insbesondere der Vereinsausschuss aber mit großem Engagement stellen.

Ausdruck dieses Engagements ist nicht zuletzt die Investition in mittlerweile 2 Vereinswiesen, auf denen der Streuobstbau und alles was damit zusammenhängt, praktiziert wird. Wissen und praktische Hinweise werden der Neckarhäuser Bevölkerung regelmäßig in Schnittkursen, Sensenmähwettbewerben und Pflegekursen für den Hausgarten nahegebracht.